Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften

Nachhaltige Chemie: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal revolutionieren die Nutzung von Holz für die Gewinnung organischer Chemikalien

22.01.2024|17:54 Uhr

Die Forschungskooperation zwischen den Lehrstühlen für Anorganische Chemie (Prof. Slabon) und Lebensmittelchemie (Prof. Schebb) an der Bergischen Universität Wuppertal hat einen wegweisenden Fortschritt in der nachhaltigen Herstellung organischer Chemikalien aus Holz erzielt. Die Veröffentlichung mit dem Titel "Organic Chemicals from Wood: Selective Depolymerization and Dearomatization of Lignin via Aqueous Electrocatalysis" beschreibt eine innovative Methode zur gleichzeitigen Depolymerisation und Dearomatisierung von Lignin durch Elektrokatalyse in wässrigem Medium unter Standardbedingungen.

Die Produktion von organischen Chemikalien basiert herkömmlicherweise auf der Verarbeitung von Rohöl. Da Rohöl eine endliche Ressource ist, ist eine Umstellung auf nachhaltigere Alternativen unumgänglich. In diesem Zusammenhang zeigen die Forschungsergebnisse der beiden Arbeitsgruppen für Nachhaltige Anorganische Chemie und Lebensmittelchemie der Universität Wuppertal, dass Lignin, ein Bestandteil von Holz, eine vielversprechende Alternative darstellt. Als nachwachsender und klimaneutraler Rohstoff können Pflanzen Kohlenstoffdioxid absorbieren, was Holz zu einer potenziell kohlenstoffneutralen Quelle für organische Chemikalien macht.

Lignin gehört neben Zellulose zu den häufigsten organischen Verbindungen auf der Erde und fällt als Abfallprodukt bei der Papierherstellung an. Lignin ist ein sehr großes Molekül mit einer komplexen Struktur, was eine effiziente und selektive Verarbeitung zu einer Herausforderung macht. Deshalb wird es heutzutage meist einfach verbrannt. Das Team der Forschenden um Prof. Dr. Adam Slabon hat sich dieser Herausforderung gestellt und eine elektrokatalytische Methode entwickelt, mit der Lignin in einem wässrigen Natriumcarbonatmedium unter reduktiven elektrochemischen Bedingungen selektiv zu depolymerisiert und zu dearomatisiert werden kann. In Kooperation mit dem Team von Prof. Dr. Nils Helge Schebb (Lehrstuhl für Lebensmittelchemie) wurden die Produkte mit modernen analytischen Verfahren charakterisiert.

Die innovative elektrokatalytische Methode, die in dieser Studie präsentiert wird, vermeidet die Nutzung giftiger Lösungsmittel, teurer Katalysatoren und den Einsatz hoher Energieeinträge. „Die Verwendung von Kohlenstoff als Elektrokatalysator bietet nicht nur ökonomische Vorteile, sondern ermöglicht auch die Skalierung des Prozesses für eine industrielle Anwendung.“ – sagt Dr. Manzolli, der die Forschungsthematik im Arbeitskreis Slabon seit drei Jahren leitet und Co-Autor der Studie ist.

Prof. Slabon erläutert weiter: „Unsere Methode erreicht nicht nur eine vollständige Dearomatisierung von Lignin, sondern liefert auch wertvolle chemische Zwischenprodukte mit erhöhter Reaktivität. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für die Synthese verschiedener organischer Chemikalien und trägt zu einer nachhaltigeren und kreislauforientierten Wirtschaft bei.“

Zu den Hauptprodukten der Lignindepolymerisation gehören Natriumlevulinat, Natrium-4-Hydroxyvalerat, Natriumformiat und Natriumacetat. Diese Produkte können als Zwischenprodukte für weiterführende Synthesen in der chemischen Industrie oder direkt verwendet werden. Jedem von uns ist mindestens eines dieser Produkte im Alltag bereits begegnet. Natriumlevulinat wird kosmetischen Artikeln als hautpflegender Zusatzstoff zugesetzt. Essigsäure und ihre Salze sind natürliche Bestandteile von Lebensmitteln.

Die Erkenntnisse dieser Studie eröffnen Perspektiven für eine ressourcenschonendere und zukunftsorientierte Wirtschaft, in der scheinbar nutzlose Erzeugnisse der Natur zu hochwertigen Produkten verwertet werden können.

Die Studie ist Teil des Forschungsschwerpunktes „Nachhaltige Chemie für Mensch und Umwelt“, den die Fachgruppe Chemie und Biologie derzeit ausbaut.

 

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